Perspektiven:
Aktuelle Themen aus Kultur und Gesellschaft im Gespräch

Veranstaltungsorte und Zeiten siehe Detailprogramm

Jubiläumsschwerpunkt: Literatur aus der Romandie in der deutschsprachigen Schweiz
Es sollte doch möglich sein, auch literarisch mehr Brücken zu bauen, um der Vertiefung des sogenannten «Röstigrabens », oder «Rideau de rösti» (dt.: Röstivorhang) wie er in der Romandie genannt wird, entgegenzuwirken. Für beide Seiten wäre es ein Gewinn, wenn wir uns literarisch vermehrt mit den Eigenheiten des jeweiligen Gegenübers auseinandersetzten. Darum möchten wir am diesjährigen Literaturfestival Leukerbad, das am Rande des Röstigrabens zuhause ist, folgenden Fragen nachgehen:
Wie sieht ein erfolgreicher Austausch zwischen den Sprachregionen aus? Und glückt er vielleicht öfter als wir annehmen?
Wie sieht das in der Praxis aus? Etliche Autorinnen und Autoren aus der Suisse romande geniessen aufgrund der Qualität ihrer Texte im französischen Sprachraum hohes Ansehen und erreichen ein breites Lesepublikum. Aber werden sie auch in der Deutschschweiz wahrgenommen?

Perspektiven I
Brücken über den «Röstigraben»


Marie Fleury, Ruth Gantert und Camille Luscher im Gespräch mit Eric Facon

Welche Werke aus der Suisse romande werden auf Deutsch übersetzt und gelesen? Welche werden zu wenig oder gar nicht wahrgenommen? Was muss – auf beiden Seiten – geschehen, um der Literatur aus der Suisse romande in der Deutschschweiz grössere Beachtung zu verschaffen? Und wie sieht es andersrum aus: Welche und wie viele deutschschweizer Autorinnen und Autoren werden in der Romandie übersetzt und gelesen? Ausgehend von diesen Fragen erläutern die drei Gesprächsteilnehmerinnen die Arbeit am Brückenschlag.

Perspektiven II
Verlegerische Arbeit


Ursi Anna Aeschbacher, Angelika Salvisberg und Martin Zingg im Gespräch mit Raphael Urweider

Bei der verlegerischen Arbeit an Texten aus der Romandie stellen sich viele Fragen: Welche Kriterien bestimmen die Auswahl der Werke zur Übersetzung und Publikation in der Deutschschweiz? Sind es die richtigen? Warum halten sich viele Deutschschweizer Verlage eher zurück mit Übersetzungen und Publikationen aus der Suisse romande? Und worauf gehen die geringen Verkaufszahlen zurück, über die sich jene beklagen, die weniger Zurückhaltung üben? Welche Erfahrungen machen jene, die mehr Übersetzungen wagen?

Ursi Anna Aeschbacher, geboren in Biel, wohin sie nach 30 Jahren in Deutschland wieder zurückkam. Sie arbeitete fürs Öko-Institut in Freiburg i.Br., für verschiedene Verlage und intensiv fürs Radio. Sie ist Verlegerin des Verlages «die brotsuppe» und arbeitet als Lektorin, Buchgestalterin, Grafikerin, Illustratorin und Autorin für verschiedene Verlage.

Ursi Anna Aeschbacher

Ruth Gantert ist Literaturvermittlerin, Redaktorin und Übersetzerin. Sie ist Künstlerische Leiterin des Service de presse suisse und Redaktionsleiterin des dreisprachigen Jahrbuchs der Schweizer Literaturen Viceversa und der Internetplattform viceversaliteratur.ch. Sie übersetzte u.a. die ersten fünf Bände des Ungewissen Manifests von Frédéric Pajak (edition clandestin) und Kurzgeschichten von Anna Felder (Circolare, Limmat Verlag). 2021 erschien Viceversa 15, Familiengeschichten (Rotpunktverlag).

Ruth Gantert

Marie Fleury ist assoziierte Forscherin am Centre d’Études et de Recherches sur l’Espace Germanophone der Université Sorbonne Nouvelle und assoziierte Mitarbeiterin am Institut für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin. Sie wurde 2019 mit einer Arbeit zur Funktionalisierung der Markennamen in der deutsch- und französischsprachigen Gegenwartsliteratur promoviert. Seit zehn Jahren koordiniert und moderiert sie die Lesungsreihe des Literaturhauses Zürich «Ces voisin•es inconnu•es» in der Westschweiz. Im Rahmen dieser Reihe finden zwei Mal pro Jahr Lesungen in Lausanne und Genf statt, mit jeweils einem Autor, einer Autorin aus der Deutschschweiz und dessen Übersetzer, deren Übersetzerin ins Französische.

Marie Fleury

Camille Luscher ist freie Literaturübersetzerin und -vermittlerin. Sie ist Mitarbeiterin am Centre de traduction littéraire in Lausanne und wirkt in verschiedenen Organisationen zur Förderung des Austauschs zwischen den Landesteilen. Übersetzungen unter anderem von Annette Hug, Eleonore Frey, Max Frisch und Arno Camenisch. Seit Januar 2019 ist sie zudem im Verlagswesen als Heraugeberin der Reihe Domaine allemand bei den Editions Zoé in Genf tätig.

Camille Luscher

Angelika Salvisberg, geboren in Fribourg, Studium der Germanistik und Kommunikationswissenschaften in Fribourg und an der LMU München. Schauspieldramaturgin am Stadttheater Bern, an der Badischen Landesbühne Bruchsal und am Stadttheater Konstanz. 2008–2019 Abteilungsleiterin «Literatur und Gesellschaft» bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. Seit 2020 freischaffend in den Bereichen Projektberatung und -management (u.a. für die S. Fischer Stiftung Berlin) sowie als Evaluatorin für Evalure. Zentrum für kulturelle Evaluation, Zürich.

Angelika Salvisberg

Martin Zingg, geboren in Lausanne, lebt in Basel, schreibt, übersetzt und gibt heraus. Zuletzt: Joseph Joubert: Alles muss seinen Himmel haben. Aus den Notizen (Jung und Jung, 2018); G. Davenport/F. Kafka: Die Aeroplane von Brescia (Engeler, 2021); Jörg Steiner: Gesammelte Werke (Suhrkamp, 2021).

Martin Zingg

Gewalt gegen Frauen: Was sind die strukturellen Hintergründe von verbalen, psychischen und physischen Aggressionen gegen Frauen?

Perspektiven III
Franziska Schutzbach und Klaus Theweleit im Gespräch mit Christine Lötscher
Klaus Theweleit musste seine Teilnahme leider absagen, das Gespräch fällt aus.

Perspektiven IV
Priya Basil, Patrícia Melo und Franziska Schutzbach im Gespräch mit Christine Lötscher

UNICEF-Veröffentlichungen zeigen, dass Gewalt gegen Frauen und Mädchen die häufigste Menschenrechtsverletzung weltweit ist. Dieses Problem ist sehr komplex und es gibt vielfältige Zusammenhänge zwischen Ursache und Wirkung. Die zwei Gespräche über Gewalt gegen Frauen versuchen die Verbindungen von Gewalt, struktureller Diskriminierung und Misogynie aufzuzeigen und stellen Fragen wie: Gibt es einen direkten und möglicherweise sogar messbaren Zusammenhang zwischen dem Ausmass der direkten Gewalt gegen Frauen und deren struktureller Diskriminierung? Wird dem strukturellen Aspekt der Gewalt gegen Frauen bisher zu wenig Bedeutung zugemessen?

Perspektiven V
Kapital und Ressentiment


Monika Bütler und Joseph Vogl im Gespräch mit Stefan Zweifel

Es zieht sich eine Spur der Zerstörung von der Herrschaft der Finanzmärkte über die neuen Netzgiganten bis hin zur dynamisierten Meinungsindustrie. Auf der Strecke bleiben dabei Demokratie, Freiheit und soziale Verantwortung. Joseph Vogl gehört zu den interessantesten Wortführern einer neuen Generation von Kapitalismuskritikern. In seinem neuen Buch Kapital und Ressentiment rekonstruiert er, wie im digitalen Zeitalter neue Machtformen entstanden sind, die über nationale Grenzen hinweg immer massiver in die Entscheidungsprozesse von Regierungen, Gesellschaften und Volkswirtschaften eingreifen. Nicht zufällig sind Ökonomie und Wirtschaftswissenschaft Domänen der Männerwelt.

Perspektiven VI
Populismus


Lukas Bärfuss, Jonas Lüscher und Michael Thumann im Gespräch mit Stefan Zweifel

Hat die «Elite» tatsächlich den Kontakt zum «Volk» verloren? Was bedeutet es, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen? Rechte und linke Populisten auf der ganzen Welt eint dieselbe Erzählung: Der Staat befinde sich in der Hand einer abgehobenen, globalistisch denkenden, meist urbanen Elite, die den Kontakt zu den «normalen» Bürgerinnen und Bürgern längst verloren habe und die alltäglichen Sorgen des «Volkes» gar nicht mehr nachvollziehen könne. Sie aber, die Populisten, gehörten nicht zu dieser Elite und sie würden daher als einzige die Ängste der Bürgerinnen und Bürger verstehen, offen artikulieren und ernst nehmen. Ausgehend von dem Buch Der populistische Planet werden die drei Teilnehmer den vielen Erscheinungsformen des Populismus nachspüren.

Perspektiven VII
Nationalismus


Michael Thumann im Gespräch mit Lukas Bärfuss

In den 1990er-Jahren ist ein neuer Nationalismus entstanden. Nationalisten gewinnen an Zulauf, in Russland, in der Türkei, auch in Deutschland. In Osteuropa benutzen autoritäre Herrscher den Nationalismus als Mittel, um ihre Macht zu erweitern. Putin, Erdogan, Orbán, Xi Jinping in China und Trump in den USA bedroh(t)en die liberalen Demokratien ebenso wie die klassischen Bündnisse. Alle Nationalisten eint: Immer sehen sie in den anderen die Schuldigen und sich als Opfer. Durch die Pandemie hat sich diese Situation noch verschärft.

Perspektiven VIII
Lyrik neu denken: Welche Aufbrüche sind möglich, wohin kann und wird die neue Lyrik gehen?


Martin Bieri, Jürg Halter und Monika Rinck diskutieren mit Raphael Urweider

Neue Formen, die Sprache, Rhythmus und Musik mischen, wie Spoken Word, Rap und Songtexte haben einen Einfluss auf Lyrikerinnen und Lyriker. Prosagedicht, Langgedicht, essayistisches Gedicht – was passiert zwischen den Gattungen? Auch die Digitalisierung verändert die Lyrik, respektive die Lyrikproduktion und Rezeption. Es wird immer wichtiger, aus welchem Anlass Lyrik geschrieben und vorgetragen wird (z.B. die Aufmerksamkeit für die Inaugural Poets in den USA).

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Literarische Wanderung
26. Internationales Literaturfestival Leukerbad
24. bis 26. Juni 2022