AUTORINNEN UND AUTOREN
Am 23. Internationalen Literaturfestival
Leukerbad nehmen teil:
Lukas Bärfuss, Schweiz
Emmanuelle Bayamack-Tam, Frankreich
Vanni Bianconi, Schweiz
Gianna Olinda Cadonau, Schweiz
Arno Camenisch, Schweiz
Roberta Dapunt, Italien
Oswald Egger, Österreich
Brigitta Falkner, Österreich
Filip Florian, Rumänien*
Nora Gomringer, Schweiz
Xiaolu Guo, Grossbritannien/China
Jürg Halter, Schweiz
Felicitas Hoppe, Deutschland
Esther Kinsky, Deutschland
Thilo Krause, Schweiz/Deutschland
Murathan Mungan, Türkei*
Péter Nádas, Ungarn
Melinda Nadj Abonji, Schweiz
Jutta Person, Deutschland
Christine Pfammatter, Schweiz
Ilma Rakusa, Schweiz
Cord Riechelmann, Deutschland
Sasha Marianna Salzmann, Deutschland
Judith Schalansky, Deutschland
Peter Schneider, Deutschland
Monique Schwitter, Schweiz
Armin Senser, Schweiz
Marina Skalova, Schweiz
Raphael Urweider, Schweiz
Christina Viragh, Schweiz/Ungarn
Karin Wieland, Deutschland
Fanny Wobmann, Schweiz
* In Zusammenarbeit mit dem DAAD Berlin
Wir freuen uns, dass Xiaolu Guo, Jutta Person und Armin Senser kurzfristig zugesagt haben, nach Leukerbad zu reisen!
Aslı Erdoğan, Josef H. Reichholf, Ece Temelkuran, Wolfgang Ullrich und Karl Heinz Bohrer mussten ihre Teilnahme leider absagen.
Lukas Bärfuss
Lukas Bärfuss, geboren 1971 in Thun, ist Dramatiker, Romancier und Essayist. Seine Stücke werden weltweit gespielt, seine Romane sind in etwa zwanzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Zürich.
Kaum ein anderer Schweizer Autor hat über die Landesgrenzen hinaus mehr öffentliches Echo ausgelöst als Lukas Bärfuss. Er hat sich einen Namen als kritischer Denker, brillanter Redner und engagierter und unbestechlicher Kommentator der politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten gemacht.
Die Themen seines neuen Essaybandes KRIEG UND LIEBE sind vielfältig: Populismus, Steuerhinterziehung, Fremdenfeindlichkeit, die Sprache selbst. Bärfuss schreibt über Religion und Glauben, über die Moral im Journalismus und über das Leben eines Vertreters für Geräteentkalker. Es zeigt sich, dass es keine kleinen oder grossen Fragen gibt, stets ruft der Autor die grossen Zusammenhänge und ethischen Dimensionen auf, macht sie sinnfällig sichtbar.
Besonders die Essays zur Sprache selbst wurden vielfach gelobt: So urteilt Martin Ebel im «Tages-Anzeiger»: «Die Sprache, die Begriffe, ihre Verwendung und Verwandlung sind das eigentliche Feld des Essayisten Bärfuss.» Und weiter: «[...] Stark ist Bärfuss auch da, wo er auf der Fähigkeit der Literatur besteht, Alternativen zum schlechten Seienden aufzuzeigen: ‹Alles, was ist, könnte auch anders sein. Wir können dieses Andere schliesslich denken.›»
KRIEG UND LIEBE. Essays. Wallstein Verlag 2018
HAGARD. Roman. Wallstein Verlag 2017
STIL UND MORAL. Essays. Wallstein Verlag 2015
KOALA. Roman. Wallstein Verlag 2014
Emmanuelle Bayamack-Tam
Die Schriftstellerin und Dramatikerin Emanuelle Bayamack-Tam wurde 1966 in Marseille geboren. Die Verfasserin von bisher zehn Romanen und Erzählungen ist Lehrerin in einem Vorstadtgymnasium und lebt in Paris.
Ihr jüngster ins Deutsche übersetzte Roman ICH KOMME wurde im Literaturclub als «grosse Leseempfehlung» gefeiert.
Drei grosse Erzählungen bilden das innere Gerüst des Romans: Tochter, Mutter und Grossmutter liefern uns drei Versionen der unbequemen Wirklichkeit: Nelly, die älteste, zieht ihr Resümee und findet nur Bedauern; Gladys, die Mutter, will sich für ihre Lebensunfähigkeit rechtfertigen, was in einen wutentbrannten rhetorischen Rachefeldzug mündet; und schliesslich Charonne, erst von den Eltern, dann von den Adoptiveltern aufgegeben, ihrer Hautfarbe wegen als «schwarz» wahrgenommen und zudem noch übergewichtig. Sie ist die einsamste unter den Ausgestossenen, doch gerade sie strahlt eine unerschöpfliche Energie aus.
In ihrem scharfsinnigen Sittenbild macht Emmanuelle Bayamack-Tam diese Tochter zur Heldin mit der Kraft, eine Welt zu entwerfen, in die das Leben wieder einzieht.
Julia Amalia Heyer jubelt im «Spiegel»: «Wer Bayamack-Tam liest, wird schnell enthusiastisch: Da ist zum einen die Sprache, poetisch und doch sehr präzise, der sie, wie sie sagt, die Priorität über ihre Figuren einräume. Und dann sind da ihre Charaktere, meistens Frauen, manchmal aber auch Männer, allesamt aus Lebenswelten, die auf die eine oder andere Weise ziemlich garstig sind.»
ICH KOMME. Roman. Aus dem Französischen von Christian Ruzicska. Secession Verlag 2017
WENN MIT MEINER UNSCHULD NICHT ALLES VOR DIE HUNDE GING. Roman. Aus dem Französischen von Christian Ruzicska und Paul Sourzac. Secession Verlag 2014
DIE PRINZESSIN VON. Roman. Aus dem Französischen von Christian Ruzicska unter Mitarbeit von Flamm Vidal. Secession Verlag 2011
Vanni Bianconi
Vanni Bianconi, 1977 in Locarno geboren, studierte in Mailand und London. Er ist Übersetzer aus dem Englischen, vor allem von W.H. Auden und W. Somerset Maugham. Ausserdem ist er Gründer und künstlerischer Direktor von «Babel», dem Festival für Literatur und Übersetzung in Bellinzona, und lebt in London und Locarno.
Seine Gedichte wurden in acht Sprachen übersetzt und in internationalen Zeitschriften und Anthologien publiziert. Sowohl seine Gedichte wie auch seine Übersetzungen wurden mehrfach ausgezeichnet.
Dass Vanni Bianconi in mehreren Sprachen zuhause ist, wird in seinem Schreiben immer wieder sichtbar. Er wechselt – teils auch in einem Gedicht – vom Italienischen ins Spanische, dann ins Englische und zurück: « [...] Quasi vent’anni senza rima cuore e amore. / Poi corazón-tienes razón, ora siamo a heart – / I’m doing my part. Am I ? Sono a Trinidad da solo. [...] » («[...] Fast zwanzig Jahre, ohne dass cuore auf amore reimt. / Dann corazon-tienes razon, jetzt sind wir bei heart – / I’m doing my part. Am I? Ich bin allein in Trinidad. [...] »).
In seinem jüngsten Gedichtband SONO DUE LE PAROLE CHE RIMANO IN ORE POESIE nimmt er sich das grosse Thema schlechthin vor, die Liebe. Geradeheraus und klar spricht er über die Liebe in all in ihren Formen, in einer schlichten, poetisch versierten Sprache.
In Leukerbad wird er seine Texte in verschiedenen Sprachen vorstellen.
Veröffentlichungen auf Italienisch:
SONO DUE LE PAROLE CHE RIMANO IN ORE POESIE. Gedichte. Edizioni casagrande 2017
IL PASSO DELL’UOMO. Edizioni casagrande 2012
ORA PRIMA. Sei poesie lunghe. Edizioni casagrande 2008
Beiträge auf Deutsch in:
POETISCHE SCHWEIZ NO. 2 – Suisse Poétique – Svizzera Poetica – Svizra Poetica – Swiss Poetics – Swiss Berpuisi. Gedichte. Herausgeber: Verein Poetische Schweiz. pudelundpinscher 2015
POETISCHE SCHWEIZ. Moderne Poesie in der Schweiz. Herausgeber: Roger Perret. Limmatverlag 2013
Karl Heinz Bohrer
Karl Heinz Bohrer, Jahrgang 1932, gilt als einer der streitbarsten deutschen Intellektuellen. Wann immer er in den letzten Jahrzehnten das Wort ergriff, meist in direkter Konfrontation mit dem Mainstream: Die höchste Aufmerksamkeit, häufig auch Erregung seiner Zeitgenossen war ihm sicher. Er war als Leiter des Literaturteils der FAZ im eigenen Haus umstritten, als Herausgeber des MERKUR für Reaktionsschnelligkeit und kühne Thematik berüchtigt, als Hochschullehrer eine Gegenfigur der Linken, als Wissenschaftler mit seiner zentralen Theorie der Plötzlichkeit eine Herausforderung für alle, die es gewohnt sind, sich geschichtsphilosophische Sinnhorizonte zurechtzubiegen.
Erstaunlich an seinem neusten Buch JETZT ist seine Mixtur, die man so von deutschen Intellektuellen bisher noch nicht kannte: höchst Privates und Zeitdiagnostisches, theoretische Betrachtung und emotionale Erinnerung fliessen ineinander. Der Autor hat einen ausgeprägten szenischen Sinn: Wenn der Literaturredakteur mittags mit Thomas Bernhard eine Rindswurst isst und beide sich eher anschweigen, wenn Ulrike Meinhof, mit der er befreundet ist, bei einem letzten Besuch, bevor sie in den Untergrund abtaucht, auf seinem Dielenboden die Zigaretten ausdrückt oder wenn er von Carl Schmitt einen lobenden, daher ihn ängstigenden Brief bekommt oder 1989 vom Philosophen einen handschriftlichen, vehement kritischen, weil Bohrer die deutsche Wiedervereinigung begrüsst hat – stets wird eine besondere geistige Physiognomie sichtbar.
JETZT. GESCHICHTE MEINES ABENTEUERS MIT DER PHANTASIE. Suhrkamp 2017
DAS ERSCHEINEN DES DIONYSOS: ANTIKE MYTHOLOGIE UND MODERNE METAPHER. Suhrkamp 2015
GRANATSPLITTER: ERZÄHLUNG EINER JUGEND. dtv 2014
PLÖTZLICHKEIT. ZUM AUGENBLICK DES ÄSTHETISCHEN SCHEINS. Suhrkamp 1981
Gianna Olinda Cadonau
Gianna Olinda Cadonau wurde 1983 in Panaji, Indien, geboren, ist in Scuol aufgewachsen und hat internationale Beziehungen und Kulturmanagement studiert und ist gegenwärtig bei der Lia Rumantscha in Chur für Kulturförderung verantwortlich. Sie lebt in Winterthur.
2016 erschien ihr erster Gedichtband ULTIM’URA DA LA NOT / LETZTE STUNDE DER NACHT. Sie versammelt darin Gedichte, die über einen Zeitraum von 15 Jahren entstanden sind, und übersetzt sie jeweils hin und her.
«Die letzte Stunde der Nacht ist eine Art Zwischenraum – zwischen Ende und Anfang, zwischen den Welten», erklärt die Dichterin den Titel in der «Südostschweiz». Und weiter: «Ich schreibe einerseits, um zu dokumentieren, andererseits ist es auch eine Art Selbstanalyse.» Die letzte Stunde der Nacht sei auch als Metapher zu verstehen: Der Übergang von einer Sprache zur anderen, die Auflösung von Grenzen, der Moment, in dem alles möglich scheint. Ein zentrales Thema der Gedichte ist die Suche nach Heimat – geografische, sprachliche, emotionale, geistige Heimat.
Und auch die rätoromanische Dichterin Luisa Famos, neben Hilde Domin eines ihrer Vorbilder, hört man in ihren Gedichten immer wieder.
Gianna Olinda Cadonau wird in Leukerbad zusammen mit MARINA SKALOVA von ihren Erfahrungen im Projekt «Poethreesome» berichten.
ULTIM’URA DA LA NOT / LETZTE STUNDE DER NACHT. editionmevinapuorger 2016
Arno Camenisch
Arno Camenisch, geboren 1978 in Tavanasa in Graubünden, schreibt auf Deutsch und Romanisch (Sursilvan) und ist seit seinem Debut SEZ NER vor neun Jahren einer der erfolgreichsten Schweizer Schriftsteller. Er lebt in Biel.
In seinem neuen Buch DER LETZTE SCHNEE erzählt er vom Verschwinden und vom Übrigbleiben. Arno Camenisch schreibt wieder in seiner typischen Manier, vertrautes Nebeneinander von Erzählung und Gespräch, von Anekdoten und weisen Schlüssen («Was morgen ist, wissen wir erst im Nachhinein»).
Der Paul und der Georg also, sie betreiben und warten einen Skilift irgendwo im Bündnerland. Keine moderne Sechser- oder Achtergondel, sondern einen unspektakulären «Schlepper», Baujahr 1971, der seinen Dienst seither brav verrichtet und Bügel für Bügel hinauf- und wieder hinunterschafft. Die meisten Bügel bleiben unbesetzt, die Kundschaft bleibt aus, oft tagelang. Wegen des Nebels. Weil noch Vorsaison ist. Weil Montag ist. Vor allem aber, weil der Schnee meist nicht reicht. Der Klimawandel, dieses abstrakte Schlagwort, schlägt dem Paul und dem Georg den Beruf aus der Hand und damit ihr ganzes Leben.
Früher waren die Zeiten besser, und das Leben ist doch ein ewiges Auf und Ab. Arno Camenischs neues Buch ist eine poetisch-witzige Elegie auf die allmähliche Veränderung der Welt und das in seinem typischen Camenisch-Sound, der sofort gefangen nimmt.
DER LETZTE SCHNEE. Roman. Engeler Verlag 2018
DIE KUR. Roman. Engeler Verlag 2015
NÄCHSTER HALT VERLANGEN. Kolumnen. Engeler Verlag 2014
Roberta Dapunt
Roberta Dapunt wurde 1970 in Abtei/Südtirol geboren, wo sie mit ihrer Familie einen Bauernhof betreibt. Sie schreibt in ladinischer und italienischer Sprache und ist eine der bedeutendsten Lyrikerinnen Italiens.
NAUZ, der erste Band der von ihr auf Deutsch erschienen ist, heisst im Ladinischen der Futtertrog. Und der ganze Band widmet sich der bäuerlichen Tätigkeit, dem Leben dort oben auf dem Hof über dem Gadertal. Da ist nichts heimattümelnd, sondern eine dichte und poetische Reflexion über die Natur, über den Jahreszeitenwechsel, auch über den Respekt vor den Lebewesen dort, Mensch wie Tier.
«Respekt, Verbundenheit mit der Natur und Überlebenswillen sprechen aus Dapunts Versen», wie ein Rezensent präzise festhielt, «es kreist in Kreatürliches, Irdisches, Lösendes wie etwa den Tod.» Der Karfreitag kommt ebenso vor wie die Festlichkeit und die Stalltür.
Dass die Heimat durch ihre Dichtung zur Welt werden kann, das beweist die Dichterin Roberta Dapunt in ihrem neuen Band DIES MEHR ALS PARADIES. Es sind Verse von Liturgie und von der Arbeit, von Zweifeln und Suchen nach den «frommen Formen».
Eine Dichterin, die wir endlich auch bei uns lesen können. Aus einer kleinen Sprache, dem Ladinischen, ist sie in die grosse Welt der Dichtung geraten: Wie die Heimat eben durch Dichtung zur Welt wird, das zeigt uns Roberta Dapunt mit einfachen, also verdichteten Mitteln.
In Leukerbad wird Roberta Dapunt aus ihren Werken lesen und mit ESTHER KINSKY ein Gespräch über das Leben und Schreiben in mehreren Sprachen führen.
DIES MEHR ALS PARADIES. Gedichte. Aus dem Italienischen und Ladinischen von Peter Waterhouse und Versatorium. Folio Verlag 2016
NAUZ. Gedichte und Bilder. Ladinisch und deutsch. Aus dem Ladinischen von Alma Vallazza. Folio Verlag 2012
Oswald Egger
Oswald Egger, geboren 1963 in Südtirol, Herausgeber der Zeitschrift «Der Prokurist» sowie der «edition per procura». Oswald Egger schreibt Lyrik, Prosa, Theaterstücke, macht «Performances mit Aufführungscharakter», Ausstellungen und Künstlerbücher. Ausserdem lehrt er unter anderem als Professor an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Er lebt in Wien und auf dem Museumsgelände der Raketenstation Hombroich. Er wurde vielfach ausgezeichnet und seine Gedichte wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
«Ich singe, also bin ich, singe ich», so beginnt Oswald Egger sein jüngstes Werk VAL DI NON. Das namensgebende Tal, auf deutsch «Nonstal», liegt nördlich von Trient. Oswald Egger zeigt also ausgehend von etwas ganz Konkretem, dass er Literatur, Wissenschaft, Klang und Bildende Kunst zu einem komplexen, genialen Ganzen verweben kann. Das Buch besticht zuerst durch seine feingliedrigen Zeichnungen, die an wissenschaftliche Abbildungen erinnern und entwickelt darüber einen Sog in die Texte hinein, Sinn entsteht im Zusammenspiel. Lyrik und Prosa mischen sich, eine klare Abgrenzung ist weder nötig noch möglich.
Björn Hayer schreibt über VAL DI NON in der «Zeit»: «Eggers Texte beschreiben zwar stets das Jetzt, aber grundsätzlich mit Blick auf eine nahe, denkbare Zukunft. Und die kennt kaum Grenzen, so wenig wie sich dieser Band an Gattungsbeschränkungen hält.»
VAL DI NON.Suhrkamp 2017
HARLEKINSMÄNTEL UND ANDERE BEWANDTNISSE. Reihe: Fröhliche Wissenschaft. Matthes & Seitz 2017
EUER LENZ. Prosa. Suhrkamp 2013
Aslı Erdoğan
Aslı Erdoğan, 1967 in Istanbul geboren, studierte Physik und Informatik und arbeitete lange als Journalistin. Sie lebte immer wieder im Ausland, in der Schweiz, Brasilien, Österreich und Polen, teils um zu forschen, nachdem sie ihre wissenschaftliche Karriere aufgegeben hatte und sich ganz aufs Schreiben konzentrierte, vor allem weil sie sich in der Türkei nicht sicher fühlte. Sie setzte sich als Kolumnistin für die kurdische Minderheit ein und prangerte die Schieflage der Demokratie in ihrem Heimatland offen an. Heute, nachdem sie bei den sogenannten «Säuberungen» im Juli 2016 verhaftet und für 132 Tage festgehalten wurde, lebt sie mit einem zweijährigen Aufenthaltsstipendium in Deutschland.
Der Durchbruch als Schriftstellerin gelang Aslı Erdoğan 1998 mit ihrem dritten Buch DIE STADT MIT DER ROTEN PELERINE. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, noch 2010 erhielt sie in ihrem Heimatland den bedeutendsten türkischen Literaturpreis, während und nach ihrer Inhaftierung wurden ihr internationale Literatur- und Friedenspreise verliehen.
Jetzt liegt mit NICHT EINMAL DAS SCHWEIGEN GEHÖRT UNS NOCH eine Sammlung ihrer politischen Essays vor, in denen sie immer wieder die Perspektive der Opfer einnimmt und versucht Worte zu finden für das kaum Erträgliche. Sie «macht von ihrem Menschenrecht der Meinungsfreiheit Gebrauch. Sie ist eine Beobachterin, sie beschreibt eindringlich und emotional berührend», sagte Alexander Skipis in seiner Laudatio zur Verleihung des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises an Aslı Erdoğan.
In Leukerbad wird Aslı Erdoğan ein Gespräch mit MURATHAN MUNGAN und ECE TEMELKURAN über die gegenwärtige Situation in der Türkei führen.
NICHT EINMAL DAS SCHWEIGEN GEHÖRT UNS NOCH. Essays. Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe, Şebnem Bahadır, Angelika Gillitz-Acar, Angelika Hoch-Hettmann, Oliver Kontny, Gerhard Meier. Knaus Verlag 2017
DIE STADT MIT DER ROTEN PELERINE. Roman. Aus dem Türkischen von Angelika Gillitz-Acar und Angelika Hoch. Unionsverlag 2008
DER WUNDERSAME MANDARIN. Roman. Aus dem Türkischen von Recai Hallaç, Ed. Galata 2008
Brigitta Falkner
Brigitta Falkner wurde 1959 in Wien geboren, wo sie heute auch lebt. Sie schreibt Bücher, produziert Kurzfilme und fertigt Comics und Zeichnungen an. Ihr Werk wurde vielfach an Ausstellungen gezeigt und ausgezeichnet.
In ihrem neuen Buch STRATEGIEN DER WIRTSFINDUNG gibt es keine durchgängige Handlung, auch wenn die ästhetische Anmutung an eine Graphic Novel erinnert. Die einzelnen Teile ähneln seriellen Comic-Heften, greifen allerdings nicht auf die klassische Strip-Form zurück, sondern reichen von ganzseitigen Illustrationen bis zu komplexen Arrangements von Bildern und
Textblöcken.
Brigitta Falkners betörend schönes Buch ist beglückend und beschert uns krabblige Stunden, widmet es sich doch all den kleinen Parasiten, die um uns nisten und walten: um Rädertierchen, Milben, Zecken und was alles noch unserem Auge entgeht. Sie arbeitet an den Grenzen zwischen bildender Kunst, Buchkunst und Literatur – und löst dabei diese Grenzen genussvoll auf. STRATEGIEN DER WIRTSFINDUNG ist dennoch grosse Lyrik: hochkomplex und hochaktuell.
Ein subversives Spiel – Komposition und Kontamination –, das sich als Naturkunde tarnt. Der nicht unbeträchtliche Witz, der die Text- und Bildproduktion auszeichnet, verdankt sich stets diesem einmaligen Konzept.
STRATEGIEN DER WIRTSFINDUNG. Matthes & Seitz 2017
POPULÄRE PANORAMEN I. Klever Verlag 2010
BUNTE TUBEN. Anagramm. Engeler Verlag 2004
FABULA RASA. Ritter 2001
Filip Florian
Filip Florian wurde 1968 in Bukarest geboren, wo er heute auch lebt. Nach dem Studium der Geologie und Geophysik arbeitete er als Journalist für die Zeitschrift «Cuvintul», anschliessend für «Radio Freies Europa» und die «Deutsche Welle». Er gehört zu den grossen Talenten der rumänischen Gegenwartsliteratur.
Mit ALLE EULEN, einem melancholischen Buch des Eingedenkens, legt er ein Stück Weltliteratur vor. Luca, der Junge aus der Kleinstadt, und Emil, der nach einem bewegten Leben in der grossen Stadt Bukarest unverhofft in der Provinz landet, sind ungleiche Freunde. Emil öffnet Lucas Blick und Geist für Literatur und Musik, Luca schenkt ihm seine Neugierde und liefert den letzten Dorfklatsch. In den Nächten eines Karpatensommers streifen die beiden durch die Wälder, durchdringen die wilde, mythenreiche Berglandschaft und lernen die Sprache der Eulen. Ein zarter, mit spitzbübischem Humor erzählter Roman von grosser Klugheit, der mit Sprach- und Fabulierlust die Geschichten zweier kleiner Leben erzählt. Filip Florian gelingt mit diesem Buch ein leidenschaftliches Lob der Freundschaft und er zeigt, dass es bisweilen reicht, seinen Blickwinkel leicht zu ändern, um glücklich zu sein und die Fülle des Lebens zu sehen.
«Vom ersten Satz an, den man von Filip Florian liest, geht einem auf, dass der Satz geschaffen ist. Er ist nicht hingeschrieben, er ist nicht erdacht, sondern erlebt und dann geschaffen», hält Georg Aescht, Übersetzer von ALLE EULEN, fest.
In Zusammenarbeit mit dem DAAD Berlin.
ALLE EULEN. Roman. Aus dem Rumänischen von Georg Aescht. Matthes & Seitz 2016
KLEINE FINGER. Roman. Aus dem Rumänischen von Georg Aescht. Suhrkamp 2008
Nora Gomringer
Nora Gomringer, geboren 1980, ist eine schweizerisch-deutsche Lyrikerin, Rezitatorin und Kulturvermittlerin. Sie lebt in Bamberg, wo sie seit 2010 Direktorin des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia ist. Dass sie eine der wichtigsten Lyrikerinnen ihrer Generation ist, steht spätestens seit ihrem Gedichtband KLIMAFORSCHUNG (2008) fest.
Was sie auszeichnet, ist ihr tiefes Vertrauen in die Sprache. Und die Selbstverständlichkeit, mit der sie Literatur und Kunst als natürlichen Teil des Lebens sieht.
Nora Gomringer arbeitet immer auch mit Künstlern aus anderen Sparten zusammen, und sie ist in verschiedenen Medien tätig. Neben Gedicht- und Essaybänden erschienen in den letzten Jahren Opernlibretti, Radiostücke und Poesiefilme.
Sie hatte die Poetikdozenturen in Koblenz / Landau, Kiel, Sheffield und Wien inne und 2018 zusammen mit Philipp Scholz die der Uni Klagenfurt.
Ihren Erfolg als Dichterin verdankt sie neben ihrem virtuosen Umgang mit der Sprache auch ihren Auftrittsqualitäten: Durch eine klassische Gesangsausbildung verfügt sie über grosse Ausdruckskraft und darüber hinaus über eine Energie, dank der sie sogar den letzten Sprachwinkel erreicht. Steht Nora Gomringer auf der Bühne, dann spricht, ruft, hallt, zischt, flüstert, singt und jubiliert es.
Nora Gomringer wird sich in diesem Jahr den Übersetzerinnen und Übersetzern im Übersetzungskolloquium stellen.
#POESIE. Herausgegeben von Nora Gomringer und Martin Beyer. Mit Illustrationen von Reimar Limmer. Voland & Quist 2018
MORBUS. Buch mit Audio-CD. Mit Illustrationen von Reimar Limmer. Voland & Quist 2015
MEIN GEDICHT FRAGT NICHT LANGE RELOADED. Buch mit Audio-CD. Voland & Quist 2015
ACHDUJE. Sprechtexte. Der gesunde Menschenversand 2015
Jürg Halter
Jürg Halter wurde 1980 in Bern geboren, wo er meistens auch lebt und arbeitet. Er ist Schriftsteller, Musiker und Performancekünstler und gehört zu den bekanntesten Schweizer Autoren seiner Generation und zu den Pionieren der neuen deutschsprachigen Spoken-Word-Bewegung. Er dichtet, performt, rappt und improvisiert – Jürg Halter gehört zu den vielseitigsten Autoren der Schweiz und hört nie auf, sich selber neu und anders zu erfinden. Er hatte regelmässige Auftritte in ganz Europa, in Amerika, Afrika, Russland und Japan und veröffentlichte zahlreiche Bücher und CDs. Zuletzt erschienen der Gedichtband WIR FÜRCHTEN DAS ENDE DER MUSIK und das 48-STUNDEN-GEDICHT mit dem japanischen Lyriker Tanikawa Shuntaro.
Mit MONDKREISLÄUFER hat Jürg Halter 2016 sein erstes Theaterstück vorgelegt. Jetzt hat er den Theatertext weiterentwickelt und in einen eindrücklichen Prosatext verwandelt. Im Grenzgebiet zwischen Vernunft und Wahnsinn setzt Halter einen namenlosen Protagonisten aus und schickt ihn auf die Suche nach einer ersehnten Mutter, die sich auf dem Mond befinden soll. Dabei drängt er den Leser, dem unablässig Sprechenden zu folgen und mit ihm und anderen eine neue Gemeinschaft zu begründen. Mit MONDKREISLÄUFER ist Jürg Halter ein aussergewöhnliches Sprachkunstwerk gelungen.
Im Herbst erscheint im Zytglogge Verlag Jürg Halters Debütroman ERWACHEN IM 21. JAHRHUNDERT.
ALLEINE TANZEND – IRGENDWO. Ein streng limitiertes Künstlerbuch. Jürg Halter und Esther Vonplon. Edition Stephan Witschi 2017
MONDKREISLÄUFER. Prosatext. Der gesunde Menschenversand 2017
DAS 48-STUNDENGEDICHT: EIN KETTENGEDICHT. Deutsch und Japanisch. Wallstein Verlag 2016
WIR FÜRCHTEN DAS ENDE DER MUSIK. Gedichte. Wallstein Verlag, 2014
Felicitas Hoppe
Felicitas Hoppe, 1960 in Hameln geboren, lebt als Schriftstellerin in Berlin. Für ihr Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Georg-Büchner-Preis.
Die sowjetische Parteizeitung PRAWDA (russisch: Wahrheit) schickte in den 30er-Jahren die populären Autoren Ilja Ilf und Jewgeni Petrow in die USA. Von deren Reisebericht DAS EINGESCHOSSIGE AMERIKA war Felicitas Hoppe so fasziniert, dass sie die gleiche Reise machte.
In PRAWDA, EINE AMERIKANISCHE REISE geht sie auf eine Expedition in ein unbekanntes Amerika. Zehntausend so komische wie hochpoetische Meilen reist Hoppe von Boston über San Francisco bis Los Angeles und zurück nach New York. Hellwach und hellsichtig begibt sie sich als literarischer Wirbelsturm auf die Spuren von Ilf und Petrow, die über 80 Jahre vor ihr unterwegs waren und zu Kultfiguren wurden. Ob Hoppe mit ihnen die Ford-Werke und den ersten elektrischen Stuhl besichtigt, nebenbei den Zaun von Tom Sawyer streicht, in einem Tornado verschwindet oder im Auge des Sturms auf Quentin Tarantino persönlich trifft – Prawda lässt die Leser Dinge sehen, wie sie über das unglaublichste Land der Erde noch nie geschrieben wurden: eine literarische Weltentdeckung.
Felicitas Hoppe geht es dabei darum, nicht das zu beschreiben, was uns unverbrüchlich vor Augen steht, sondern die unscharfen Ränder der Wirklichkeit.
PRAWDA: EINE AMERIKANISCHE REISE. S. Fischer Verlag 2018
HOPPE. Roman. S. Fischer Verlag 2013
IWEIN LÖWENRITTER. Erzählt nach dem Roman von Hartmann von Aue. S. Fischer Verlag 2011
SIEBEN SCHÄTZE: AUGSBURGER VORLESUNGEN. S. Fischer Verlag 2009
Esther Kinsky
Esther Kinsky, geboren 1956, studierte Slawistik und arbeitet seit über 30 Jahren als literarische Übersetzerin aus dem Polnischen, Russischen und Englischen. Die sowohl für ihre Übersetzungen als auch für ihr eigenes literarisches Schaffen vielfach ausgezeichnete Esther Kinsky lebt in Berlin und Battonya, Ungarn.
In HAIN schickt sie die Ich-Erzählerin auf italienische Reisen fernab der Touristenzentren und zurück in die Kindheit, in das Italien der Siebzigerjahre. Der «Geländeroman», so der Untertitel, brilliert durch Kinskys ausdifferenziertes Vokabular und ihren virtuosen Umgang mit den Klängen der Sprache ebenso wie durch ihren klaren, achtsamen Blick auf Natur, Mensch und Erinnerung.
Durch ihren Lyrikband AM KALTEN HANG zieht sich VIAGG’ INVERNAL, eine winterliche Reise, in Form eines Prosatextbandes – nur ein weiterer Beweis von vielen für die Virtuosität ihres Umgangs mit Sprache, im Grossen wie im Kleinen. Die Illustrationen von Christian Thanhäuser werden in Leukerbad während des Festivals ausgestellt.
Über das Übersetzen sagte Esther Kinsky in einem Interview mit dem Goethe Institut Polen: «Der Übersetzer arbeitet immer an der ursprünglichen Vision des Autors entlang, es sind nicht die eigenen Bilder, die er schafft, wenngleich er die eigenen Worte dafür findet. Doch Tempo, Temperament und Temperatur der Sprache und des Beschriebenen sind nicht die des Übersetzers.»
In Leukerbad wird Esther Kinsky mit ROBERTA DAPUNT ein Gespräch über das Leben und Schreiben in mehreren Sprachen führen. Ausserdem stellt sie neben ihrem Roman, ihren gerade erschienen Gedichtband vor, zusammen mit Christian Thanhäuser, dessen Arbeiten den Band illustrieren.
KŐ NÖVÉNY KÖKÉNY. Gedichte. Edition Thanhäuser 2018
HAIN. geländeroman. Suhrkamp 2018
AM KALTEN HANG. viagg’ invernal. Gedichte. Matthes & Seitz 2016
AM FLUSS. Roman. Matthes & Seitz 2014
Thilo Krause
Thilo Krause, geboren 1977 in Dresden, lebt in Zürich. Nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens in Dresden und London promovierte er an der ETH Zürich und war danach Forschungsbereichsleiter im schweizerischen Bundesamt für Energie. Bis 2015 forschte er an der ETH Zürich, aktuell ist er beim Elektrizitätswerk der Stadt Zürich angestellt.
In der Begründung der Jury des Brentano-Preises, den Thilo Krause 2016 erhielt, heisst es: «In das mediale Rauschen hinein setzen Thilo Krauses ruhig gehende Verse einen Kontrapunkt: Mit wenigen Worten und unprätentiöser Sprache fängt dieser genaue Beobachter Stimmungen und Lebenssituationen ein und verwandelt sie in Sprach- und Klangbilder von grosser Tiefenschärfe. Das Gedicht wird hier zum Ort, ‹um die Dinge ganz zu lassen›.»
Thilo Krause selbst sagt über die Verortung seiner vielfach ausgezeichneten Gedichte: «Meine Welt ist der Alltag.» In seinem Schreiben ist eine grosse Empathie für Menschen und Stimmungen spürbar.
In seinem neuen Gedichtband WAS WIR REDEN, WENN ES GEWITTERT, in der renommierten Edition Lyrik Kabinett erschienen, «werden mit ungeheurer Behutsamkeit Erinnerungswelten angehoben, gewogen und langsam zwischen den Händen gedreht, und durch die Behutsamkeit sollen Nostalgie, Melancholie und Sentimentalität vermieden werden», stellt Timo Brandt im Magazin Signaturen fest.
WAS WIR REDEN, WENN ES GEWITTERT. Gedichte. Hanser 2018
UM DIE DINGE GANZ ZU LASSEN. Gedichte. poetenladen 2015
UND DAS IST ALLES GENUG. Gedichte. poetenladen 2012
Murathan Mungan
Murathan Mungan wurde 1955 in Istanbul geboren und ist aufgewachsen in Mardin, einer multikulturellen Stadt im anatolischen Südosten der Türkei. In dieser Region wird seit mehr als drei Jahrzehnten ein Kampf gegen die Kurden geführt. Mungans Familie hat selbst kurdisch-arabische Wurzeln. In seiner Kindheit war ihm die kurdische Sprache untersagt. So wuchs er von Anfang an in einem kulturellen Spannungsfeld auf.
Murathan Mungan zählt zu den bekanntesten der zeitgenössischen türkischen Autoren. Vor allem die junge und liberale Leserschaft schätzt und verehrt seine Bücher. Mit Vorliebe vermischt er Elemente der westlichen Popkultur mit östlichen mythischen Archetypen. Heraus kommt dabei ein scheinbar hybrides Schreiben, das postmodern und orientalisch zugleich anmutet, stets aber auf die kritische Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Gegenwart zielt. Für die Rechte der Kurden setzt er sich ebenso ein wie etwa gegen die Diskriminierung von Homosexuellen. Er selbst nennt sich einen «bekennenden Schwulen» – denn, so Mungan in einem Interview, in einem Land wie der Türkei sei «schwul zu sein eine Lebensweise».
Sein Erzählband STÄDTE AUS FRAUEN kreist um das Thema «Frauen im Islam». Mungan erschafft darin psychologisch fein gestaltete Protagonistinnen, die frei sind von scheinbar typischen Konflikten, die unserer westlichen Wahrnehmung nach das Leben einer türkischen Frau bestimmen.
In Zusammenarbeit mit dem DAAD Berlin.
STÄDTE AUS FRAUEN. Erzählungen. Aus dem Türkischen von Gerhard Meier. blumenbar 2010
TSCHADOR. Roman. Aus dem Türkischen von Gerhard Meier. blumenbar 2008
PALAST DES OSTENS. Erzählungen. Aus dem Türkischen von Birgit Linde und Alex Bischof. Unionsverlag 2006
Péter Nádas
Péter Nádas wurde in Budapest geboren, ist Fotograf und Schriftsteller und gehört zu den ganz grossen Autoren unserer Zeit. Jetzt ergänzt er sein gewaltiges Romanwerk durch seine Lebenserinnerungen AUFLEUCHTENDE DETAILS – ein ebenso persönliches wie zeitgeschichtliches Dokument von grosser erzählerischer Kraft. Während Nádas’ Mutter am 14. Oktober 1942 in Budapest mit der Strassenbahn zur Entbindung fährt, liquidiert ein Einsatzkommando das Getto in Mizocz, Anne Frank zeichnet das Gewicht jedes Familienmitglieds auf, Jan Karski übermittelt in den Pyrenäen der polnischen Exilregierung Nachrichten des Widerstands und Viktor Klemperer erhält in Dresden kein Brot.
Jedes Ereignis, so Nádas, wirkt auf alle anderen Ereignisse ein, ob in der Politik oder der privaten Lebensgeschichte. Es sind jene Momente, die Geschichte fassbar machen und Erinnerung konstituieren – eben die «aufleuchtenden Details». Deren weitgespannten Verflechtungen folgen Péter Nádas’ Memoiren nicht chronologisch, sondern assoziativ, wie in seinen grossen Romanen. Und durch jede einzelne Episode zieht sich die geheime Frage: Wie bin ich zu dem geworden, der ich bin, wenn jede persönliche Erinnerung, jede Prägung untrennbar mit Geschichte verstrickt ist? Wenn jeder Moment des Lebens nur die Spitze eines Eisbergs ist?
Péter Nádas blickt hier zurück auf sein Leben, das bis ins kleinste, leuchtende Detail verbunden ist mit den Schicksalswendungen eines Kontinents im gewaltsamen Umbruch.
AUFLEUCHTENDE DETAILS: MEMOIREN EINES ERZÄHLERS. Aus dem Ungarischen von Christina Viragh. Rowohlt Verlag 2017
PARALLELGESCHICHTEN. Aus dem Ungarischen von Christina Viragh. Rowohlt Verlag 2012/2013 (Taschenbuch)
BUCH DER ERINNERUNG. Roman. Aus dem Ungarischen von Hildegard Grosche. Rowohlt Verlag 1991/1999 (Taschenbuch)
Melinda Nadj Abonji
Melinda Nadj Abonji wurde 1968 in der Vojvodina, dem teilweise ungarisch sprechenden Teil Serbiens, geboren und kam mit vier Jahren in die Schweiz. Sie lebt als Schriftstellerin und Musikerin in Zürich.
Sie ist eine der erfolgreichsten Schweizer Schriftstellerinnen der letzten Jahre, ihr Roman TAUBEN FLIEGEN AUF wurde als bisher einziges Buch mit dem Deutschen und dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.
Vom sanften Widerstand der Phantasie gegen die Beschränkungen eines Systems, das nur Befehl, Gehorsam und Unterwerfung kennt, erzählt Melinda Nadj Abonji in ihrem neuen Roman. SCHILDKRÖTENSOLDAT ist die Geschichte von Zoltán, der «nicht ganz richtig im Kopf» ist, aber mit der Welt rund um ihn steht es noch viel schlimmer. Während ringsum der Wahnsinn des Krieges aufflammt, ist ausgerechnet er es, der für verrückt erklärt wird.
Zusammen mit den Musikern Balts Nill und Mich Gerber hat Melinda Nadj Abonji eine ganz eigene Form von Musik/Literaturperformance entwickelt, die sie in Leukerbad vortragen werden. Melinda Nadj Abonji wechselt zwischen Manuskript und Improvisation, zwischen Erzählen und Gesang.
BALTS NILL bearbeitet als Perkussionist unterschiedliche Klangobjekte, schafft repetitive Klangmuster und komponiert Lieder mit und ohne Worte. Gründungsmitglied von «Stiller Has».
MICH GERBER ist ein vielseitiger und innovativer Ausnahmebassist, welcher eine Stilrichtung entwickelt hat, die irgendwo zwischen Klassik, Electronica, alter Musik und dem Volkslied, zwischen Orient und Okzident zu verorten ist.
SCHILDKRÖTENSOLDAT. Roman. Suhrkamp 2017
TAUBEN FLIEGEN AUF. Roman. Jung & Jung Verlag 2010
IM SCHAUFENSTER IM FRÜHLING. Roman. Amman Verlag 2004. Neu aufgelegt bei Jung & Jung Verlag 2011
Christine Pfammatter
Christine Pfammatter, geboren 1969, ist in Leuk-Stadt aufgewachsen. Seit vielen Jahren lebt sie in Berlin und arbeitet als Redaktorin, Übersetzerin und Lehrerin.
In ihren Büchern greift sie alltägliche, aber auch gesellschaftspolitische Themen auf. Erlebtes und Fiktives regen sie an, über das Leben und menschliche Eigenarten zu sinnieren. Christine Pfammatter gelingt es in ihren kurzen Texten immer wieder, schwebende philosophische Diskussionen so im Alltagsgeschehen zu verankern, dass daraus existenzielle Miniaturen entstehen.
In ihrem neuen Essayband geht sie den Widersprüchen und Schönheiten unserer Zeit nach und lässt ein vielschichtiges Bild des Wallis und seiner Bewohner entstehen. Ihre Texte kommen oft tagebuchartig daher. Sie ist eine Autorin, die registriert, was um sie herum geschieht, und darauf reagiert wie ein Seismograph der Gesellschaft, ohne dabei je die Schönheit der Sprache in den Hintergrund zu stellen. Die Fülle lebendiger Erfahrungen wird da etwa in Notaten, Essays, Beobachtungen, Kurzgeschichten und philosophischen Gedanken in Sprache gelegt.
«Das Wallis», sagt sie in einem Interview, «ist ein eigener Kontinent mit Wüstenwinden und Gletscherluft. Statt dem Niederschlag messen wir hier die Gegensätze.» Christine Pfammatter schreibt regelmässig Kolumnen für den Walliser Boten sowie Texte über zeitgenössische Kunst.
PERMANENT TOURIST. Essays. Rotten Verlag, 2017
SCHNEE IM MÄRZ. Prosa. Leipziger Literaturverlag, 2014
ANDERE NAMEN. Prosa. Leipziger Literaturverlag, 2012
Ilma Rakusa
Ilma Rakusa, geboren 1946 als Tochter einer Ungarin und eines Slowenen in der Slowakei, studierte Slawistik und Romanistik in Zürich, Paris und St. Petersburg. Sie lebt als Schriftstellerin, Übersetzerin, Publizistin und Universitätslehrbeauftragte in Zürich. Rakusa ist Mitglied der «Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung».
Nicht zuletzt mit ihren zahlreichen Übersetzungen aus dem Russischen (Marina Zwetajewa, Alexei Remisow), Französischen (Marguerite Duras), Serbokroatischen (Danilo Kiš) und Ungarischen (Imre Kertész, Péter Nádas) trägt sie zur Vermittlung osteuropäischer Literaturen bei.
In der Begründung des Berliner Literaturpreises, den sie 2017 erhalten hat, heisst es: «Ilma Rakusa ist eine massgebliche Stimme jener auch von Migrationserfahrung geprägten vielsprachigen mitteleuropäischen Literatur, die durch nationalistischen Terror und kommunistische Diktaturen marginalisiert und aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt wurde. In ihrem literarischen Schaffen wird auf sensible und poetische Weise die kulturelle Vielfalt und Vielstimmigkeit Europas thematisiert. Formal sind darin alle Gattungen vertreten, insbesondere Erzähltexte und Lyrik. Rakusas Literatur zeichnet sich durch aussergewöhnliche Sprach- und Formbewusstheit und Musikalität sowie durch einen übernationalen Anspielungshorizont aus, ihre poetologischen Arbeiten bestechen durch seltenes Reflexionsniveau.»
IMPRESSUM: LANGSAMES LICHT. GEDICHTE. Droschl Verlag 2016
EINSAMKEIT MIT ROLLENDEM R. Erzählungen. Droschl Verlag 2014
AUFGERISSENE BLICKE. BERLIN-JOURNAL. Droschl Verlag 2013
Josef H. Reichholf
Josef H. Reichholf, geboren 1945, ist einer der bekanntesten Biologen im deutschsprachigen Raum. Er lehrte über viele Jahre an beiden Münchner Universitäten und war Abteilungsleiter an der Zoologischen Staatssammlung in München. Reichholf ist Autor zahlreicher Bücher über Natur und Naturschutz, Ökologie, Evolution, Klima- und Umweltschutz. Der Bestsellerautor wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa.
Josef H. Reichholf hat sich einen Namen gemacht als Querdenker – von ihm stammt beispielsweise die These, dass nicht die Verknappung von jagdbarem Wild zum Sesshaftwerden des Menschen geführt habe, sondern die Lagerhaltung und Verarbeitung berauschender Lebensmittel.
In seinem Buch SYMBIOSEN beleuchtet er das erstaunliche Miteinander in der Natur. Dabei wird sinnlich erfahrbar, welche Achtsamkeit wir der Natur und uns als ihrem Bestandteil schuldig sind, denn im wirklichen Leben ist niemand eine Insel für sich allein. Und auch das Buch HAUSTIERE regt zum Nachdenken an: Während Hunde und Katzen oft als verhätschelter Ersatz für ein dürftiges Sozialleben herhalten müssen, werden Nutztiere in Massentierhaltung zu lebenden Maschinen degradiert.
In Leukerbad wird Josef H. Reichholf zusammen mit CORD RIECHELMANN und der Herausgeberin JUDITH SCHALANSKY die Naturkunden-Reihe von Matthes & Seitz vorstellen.
HAUSTIERE. Herausgegeben von Judith Schalansky. Matthes & Seitz 2017
SYMBIOSEN. Zusammen mit Johann Brandstetter. Herausgegeben von Judith Schalansky. Matthes & Seitz 2017
Cord Riechelmann
Cord Riechelmann, geboren 1960 in Celle, war Lehrbeauftragter für das Sozialverhalten von Primaten und für die «Geschichte biologischer Forschung ». Ausserdem arbeitete er als Kolumnist und Stadtnaturreporter für die «Berliner Seiten» der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Sein Hauptinteresse gilt den Lebensbedingungen von Natur in der Kultur städtischer Lebensräume. Er lebt als Publizist und Autor in Berlin.
Sein Buch über KRÄHEN, der erste Band der Reihe Naturkunden, zeugt von seiner umfassenden Sichtweise: Er erzählt über die erstaunliche Natur- und Kulturgeschichte dieser klugen Vögel und stellt zwanzig Krähenarten vor, die er selbst auf fünf Kontinenten beobachten konnte. Sein Tierporträt vermittelt nichts weniger als den unvoreingenommenen Blick auf das scheinbar Vertraute.
Oder wie das Kulturradio RBB festhält: «KRÄHEN ist eine bunte Mischung von Betrachtungen über den schwarzen Vogel, uneinheitlich, ein Genrezwitter, eine erfolgreich umgesetzte Idee von konzeptionellen Grenzgängern, die zu Vermittlern geworden sind: zwischen Philosophie und Biologie; zwischen Inhalt und Gestaltung; zwischen Naturwissenschaft und Literatur.»
In Leukerbad wird Cord Riechelmann zusammen mit JUTTA PERSON und der Herausgeberin JUDITH SCHALANSKY die Naturkunden-Reihe von Matthes & Seitz vorstellen.
KRÄHEN: EIN PORTRÄT. Herausgegeben von Judith Schalansky. Matthes & Seitz 2013
WILDE TIERE IN DER GROSSSTADT. Nicolaische Verlagsbuchhandlung 2004
BESTIARIUM. DER ZOO ALS WELT – DIE WELT ALS ZOO. Die andere Bibliothek Band 227. Eichborn 2003
Sasha Marianna Salzmann
Sasha Marianna Salzmann, geboren 1985 in Wolgograd, kam 1995 mit ihrer Familie als jüdische Kontingentsflüchtlinge nach Deutschland. Nach einem Studium in Literatur, Theater und Medien und Szenisches Schreiben hat sie sich schnell einen Namen als Theaterautorin gemacht und ist Hausautorin am Maxim-Gorki-Theater Berlin. Sasha Marianna Salzmann lebt in Berlin und Istanbul.
Ihr Debütroman AUSSER SICH erschien 2017 und schaffte es auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises. Sie erzählt darin die Geschichte des Zwillingspaares Alissa und Anton, die mit ihren Eltern aus dem postsowjetischen Moskau in die westdeutsche Provinz emigrieren. Später, als Alissa schon ihr Mathematikstudium in Berlin geschmissen hat, verschwindet Anton spurlos. Irgendwann kommt eine Postkarte aus Istanbul – ohne Text, ohne Absender. In der Stadt am Bosporus und in der eigenen Familiengeschichte macht sich Alissa auf die Suche – nach dem Bruder, aber vor allem nach einem Gefühl von Zugehörigkeit jenseits von Vaterland, Muttersprache oder Geschlecht.
Die FAZ über AUSSER SICH: «Vielfach gebrochen, in sich verwinkelt und verspiegelt, gelingt es dem Roman, seine atemberaubende Geschichte durch eine Familie und ein Jahrhundert schillernd wie ein Kaleidoskop zu entfalten. [...] Es ist eine Familienaufstellung, die Ali von Istanbul aus gedanklich unternimmt und die sie immer weiter zurückführt in die Geschichte. Die vielgestaltigen Erinnerungen führen [...] mitten hinein in die grossen Dramen des zwanzigsten und beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts.»
AUSSER SICH. Roman. Suhrkamp 2017
Judith Schalansky
Judith Schalansky, geboren 1980 in Greifswald, studierte Kunstgeschichte und Kommunikationsdesign, unterrichtete Typografische Grundlagen an der Fachhochschule Potsdam und lebt heute als freie Schriftstellerin und Buchgestalterin in Berlin. Ihre Arbeiten als Autorin und Buchgestalterin wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Spycher: Literaturpreis Leuk. Ihre Bücher sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt.
Seit dem Frühjahr 2013 gibt sie im Verlag Matthes & Seitz Berlin die Reihe NATURKUNDEN heraus.
In dieser Reihe erscheinen Bücher, die von der Natur erzählen, von Tieren und Pflanzen, von Pilzen und Menschen, von Landschaften, Steinen und Himmelskörpern, von belebter und unbelebter, fremder und vertrauter Natur. Der Name der Reihe ist Programm: Hier wird keine blosse Wissenschaft betrieben, sondern die leidenschaftliche Erforschung der Welt: kundig, anschaulich und im Bewusstsein, dass sie dabei vor allem vom Menschen erzählt – und von seinem Blick auf eine Natur, die ihn selbst mit einschliesst. Jedes Buch in dieser Reihe wird, ungeachtet seiner Gattung, eine eigene Kunde von der Natur formulieren und dabei so aufwändig, vielgestaltig und schön werden, wie die Natur ihrer Gegenstände es fordert: bebildert, in historischen Formaten gebunden, fadengeheftet und mit Frontispiz sowie farbigem Kopfschnitt versehen. So feiern die «Naturkunden» nicht zuletzt die unnachahmlichen und mannigfaltigen Möglichkeiten einer lebendigen Buchkultur.
DER HALS DER GIRAFFE. Bildungsroman. Suhrkamp 2012
ATLAS DER ABGELEGENEN INSELN. Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde. Mare Verlag 2009
BLAU STEHT DIR NICHT. Matrosenroman. mare Verlag 2008
Peter Schneider
Peter Schneider, 1940 in Lübeck geboren, ist Verfasser von Romanen, Essays und Drehbüchern. Seine mehr als 20 Bücher wurden teilweise in 25 Sprachen übersetzt. Er lehrte als Gastprofessor an amerikanischen Universitäten, unter anderem in Stanford, Princeton und Harvard.
Als Aktivist, Wortführer und Kampfgefährte von Rudi Dutschke hat er alle Phasen der Protestbewegung von 1966 bis in die Siebzigerjahre hinein intensiv durchlebt. Zugleich aber war er immer auch Chronist der Revolte.
In REBELLION UND WAHN. MEIN 68, einer zeithistorischen Reflexion, die zugleich eine literarische, atmosphärisch eindringliche Selbstbesichtigung nach 40 Jahren ist, zieht er ein für ihn charakteristisches Resümee:
«Die wichtigste Errungenschaft der 68er-Bewegung in Deutschland bleibt, dass sie massenhaft – und vielleicht für immer – mit der Kultur des Gehorsams gebrochen hat. Ihre grösste Sünde war, dass ihre Anführer nach einem basisdemokratischen und freiheitlichen Aufbruch am Ende einer im Kern antidemokratischen Doktrin erlagen und vor den Verbrechen ihrer revolutionären Vorbilder – in Kuba, in Vietnam, in Kambodscha und in China – die Augen schlossen.»
Peter Schneider hat sich immer wieder seiner eigenen Vergangenheit und der seiner Generation gestellt, nicht zuletzt in zahllosen Essays, vom linken «Kursbuch» bis zum «Spiegel» und dem Feuilleton der FAZ. Selbst in Springers «Welt» hat er geschrieben – ausgerechnet er, der 1968 massgeblich am sogenannten «Springer-Tribunal» mitgewirkt hat.
CLUB DER UNENTWEGTEN. Roman. Kiepenheuer & Witsch 2017
DIE LIEBEN MEINER MUTTER. Eine Rekonstruktion. Kiepenheuer & Witsch 2013
REBELLION UND WAHN. Mein 68. Kiepenheuer & Witsch 2010
Monique Schwitter
Monique Schwitter, 1972 in Zürich geboren, lebt seit 2005 in Hamburg. Sie hat in Salzburg Schauspiel und Regie studiert, war unter anderem an den Schauspielhäusern in Zürich, Frankfurt, Graz und Hamburg engagiert und arbeitet heute als freie Autorin in Hamburg. Sie ist eine Verfechterin der Erinnerung und schreibt an gegen ein nachlässiges Vergessen, mit dem viele Menschen ihr Leben wegwerfen, anstatt es mithilfe der Kraft des Erinnerns zu suchen und wieder zu finden, falls sie, was vorkommen soll, etwas davon verloren haben.
Über ihren Roman EINS IM ANDERN ist Alexander Camann in der «Zeit» begeistert: «So locker und virtuos, so unterhaltsam und intelligent, so präzise und vor allem gänzlich unlarmoyant ist in deutscher Sprache selten über Liebe heute geschrieben worden.»
Ausgehend von einer banalen Google-Suche nach einem ihrer Verflossenen rollt Monique Schwitter darin die bisherigen Lieben ihrer Anfang 40-jährigen Protagonistin auf. Zwölf sind es an der Zahl und sie haben mehr mit den Aposteln gemeinsam als die Namen. Monique Schwitter legt verschiedene Deutungsangebote an; so ist die Protagonistin Autorin, deren Roman nicht so recht vorankommt, bis sie ihre eigenen Liebesgeschichten fruchtbar macht, und sie verwebt Geschichten, Vergangenheit, Zukunft, Realität und Fiktion virtuos zu einem literarisch meisterhaften Konstrukt, das ganz und gar nicht lebensfern ist.
EINS IM ANDERN. Roman. Droschl Verlag 2015
GOLDFISCHGEDÄCHTNIS. Erzählungen. Droschl Verlag 2011
OHREN HABEN KEINE LIDER. Roman. Residenz Verlag 2008
Marina Skalova
Marina Skalova wurde 1988 in Moskau geboren und wuchs in Frankreich und Deutschland auf. Sie studierte Literatur und Philosophie in Paris und Berlin und am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel. Sie arbeitet als Übersetzerin, Dramaturgin, Theaterkritikerin und Redakteurin und lebt in Genf. Ihre Texte wurden in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien in Frankreich, Deutschland und in der Schweiz publiziert sowie im Radio veröffentlicht.
Marina Skalova schreibt zweisprachig, Deutsch und Französisch, beziehungsweise übersetzt ihre Gedichte selbst. So nutzt sie die eine Sprache, um die andere zu ergänzen, um Ungenauigkeiten auszumerzen, zusätzlichen Resonanzraum zu öffnen.
Ihr Gedichtband ATEMNOT (SOUFFLE COURT) wurde in Frankreich 2016 mit dem renommierten «Prix de la vocation» ausgezeichnet. Die Gedichte darin sind kurz und von grosser poetischer Prägnanz. «Viceversa» hält fest: «[...] der poetische Eigensinn befreit die Sprache aus dem Korsett der Übersetzung. Wortbedeutung und Versrhythmus geraten aneinander, Bilder wehren sich gegen eine Übertragung. So entstehen minimale Abweichungen, in denen die unterschiedlichen Sprachen Anspruch auf Eigenleben erheben: rhythmisch, begrifflich, metaphorisch.»
Marina Skalova wird in Leukerbad zusammen mit GIANNA OLINDA CADONAU von ihren Erfahrungen im Projekt «Poethreesome» berichten.
AMARRES. Récit. L'Âge d'Homme 2017
ATEMNOT (SOUFFLE COURT). Gedichte französisch und deutsch. Cheyne 2016
Ece Temelkuran
Ece Temelkuran, 1973 in Izmir geboren, ist Juristin, Schriftstellerin und Journalistin. Bis sie mit einer beispiellosen Rufmordkampagne mundtot gemacht wurde, gehörte sie zu den profiliertesten Journalistinnen der Türkei. Aufgrund ihrer oppositionellen Haltung und ihrer Kritik an der Regierungspartei verlor sie ihre Stelle bei einer der grossen türkischen Tageszeitungen.
Ohne Erinnerung gibt es keine Zukunft. Diese Maxime hat sie angetrieben, ihren jüngsten Roman STUMME SCHWÄNE zu schreiben. Die Geschichte handelt von einer Kinderfreundschaft in den Monaten vor dem Militärputsch 1980 in der Türkei. Es ist eine Zeit politischer Unruhen. Das Land ist zutiefst gespalten. Der Terror auf den Strassen sorgt für bürgerkriegsähnliche Zustände. Eine Verhaftungswelle sucht das Land heim. Alle Menschen stehen unter Generalverdacht. Ein Klima der Angst beherrscht die Türkei in diesem Sommer 1980.
Es ist, als würde uns Temelkuran von der heutigen Türkei erzählen. Doch STUMME SCHWÄNE ist auf Türkisch gut ein Jahr vor dem versuchten Militärputsch im vergangenen Sommer erschienen. «Der Roman ist nicht prophetisch, vielmehr soll er die Ursache für den heutigen Wahnsinn in der Türkei aufzeigen», sagt Ece Temelkuran. Nicht die Regierungspartei AKP allein habe die Türkei in den vergangenen 15 Jahren ins Verderben gestürzt. Die Saat sei nach dem Militärputsch von 1980 gelegt worden. «Dann bläute man den Menschen ein, dass Fragen zu stellen und kritisches Denken schlechte Dinge sind.»
In Leukerbad wird Ece Temelkuran ein Gespräch mit MURATHAN MUNGAN und ASLI ERDOĞAN über die gegenwärtige Situation in der Türkei führen.
STUMME SCHWÄNE. Roman. Aus dem Türkischen von Johannes Neuner. Hoffmann und Campe 2017
EUPHORIE UND WEHMUT. DIE TÜRKEI AUF DER SUCHE NACH SICH SELBST. Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe und Monika Demirel. Hoffmann und Campe 2015
WAS NÜTZT MIR DIE REVOLUTION, WENN ICH NICHT TANZEN KANN. Roman. Atlantik 2014
Wolfgang Ullrich
Wolfgang Ullrich, 1967 in München geboren, studierte dort Philosophie, Kunstgeschichte, Logik/Wissenschaftstheorie und Germanistik. Nach Lehraufträgen und Professuren an verschiedenen Hochschulen lebt er heute in Leipzig und publiziert insbesondere zur Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, über moderne Bildwelten sowie Wohlstandsphänomene.
Wolfgang Ullrich nimmt die Karriere der Werte, um die sich alles dreht, in verschiedenen Bereichen unter die Lupe. Werte werden von Politikern herbeizitiert, gerne bekennt man sich zu ihnen – in der Konsumwelt, in der politischen Aktionskunst, beim Wohnen, beim Essen und im Fitnesskult. Ullrichs These: Sich zu Werten zu bekennen ist so beliebt, weil es dem Selbstbewusstsein schmeichelt. Man darf sich dann moralisch gut und sogar kreativ fühlen. Er untersucht, wie Werte im Einzelnen in Szene gesetzt werden, und fragt, wie sich gesellschaftspolitische Debatten unter diesen Vorzeichen entwickeln. Verkümmert nicht jegliche Streitkultur, wenn jeder damit beschäftigt ist, sich im Namen von Freiheit, Nachhaltigkeit und Sicherheit zu profilieren?
Ullrich stellt fest: «[...] der Gegensatz zwischen ‹links› und ‹rechts› ist weniger prägend als zwischen ‹arm› und ‹reich› – also der zwischen Menschen, die damit zu tun haben, ihre Lebensgrundlagen zu sichern, und anderen Menschen, die über genügend Ressourcen verfügen, um sich täglich um ihr Gewissen kümmern, zu Werten bekennen und das eigene Agieren und Konsumieren als sinnstiftend empfinden zu können.»
WAHRE MEISTERWERKE. Stilkritik einer neuen Bekenntniskultur. Wagenbach 2017
SIEGERKUNST. Neuer Adel, teure Lust. Wagenbach 2016
DES GEISTES GEGENWART: EINE WISSENSCHAFTSPOETIK. Wagenbach 2014
Raphael Urweider
Mit Jahrgang 1974 gehört der in Bern geborene und lebende Raphael Urweider einer Generation an, die sich nicht mehr ausschliesslich in einer einzigen Sparte der Kunst bewegt. Obschon die Lyrik nach wie vor im Zentrum seiner Arbeit steht, betätigt sich Raphael Urweider als Musiker, Theaterautor und Übersetzer.
Eines seiner wichtigen lyrischen Vorbilder ist H.C. Artmann. Mit ihm ist auch sein erster Besuch in Leukerbad vor mehr als 20 Jahren eng verbunden. Hier in den Bergen traf er ihn zum ersten Mal. Daraufhin hat Raphael Urweider H.C. Artmann mehrmals in Wien besucht, um ihm seine Gedichte vorzulegen, die dieser begeistert unterstützte.
Sein neuer Gedichtband WILDERN, den er nach zehn Jahren Publikationspause vorlegt, folgt nicht der Chronik eines Jahrzehnts, sondern einem inneren Pendel: Zivilisation und Natur. Durch die starken Kontraste der Gedichte, die sicherlich nicht zuletzt Ergebnis der zehnjährigen Schaffensperiode sind, fundiert Raphael Urweider seinen neuen Band mit einer sehr kritischen und durchaus politischen Grundhaltung. Reflexiv und sprachlich brillant führen diese Gedichte den Leser durch die Verwerfungen der Jetztzeit, ohne sich dem Zeitgeist zu unterwerfen.
Ein Comeback eines jungen Wilden als reifer Dichter. Er führt uns vor Augen, welch erstaunliche Früchte die Gegenwartskunde trägt. Das Warten hat sich gelohnt.
WILDERN. Gedichte. Hanser Verlag 2018
DER TEICH. Von Robert Walser. Übersetzt von Händl Klaus und Raphael Urweider, Hrsg. von Reto Sorg. Insel Bücherei 2014
ALLE DEINE NAMEN. GEDICHTE VON DER LIEBE UND DER LIEDERLICHKEIT. DuMont 2008
Christina Viragh
Christina Viragh, geboren 1953 in Budapest, emigrierte 1960 mit ihrer Familie in die Schweiz. Heute lebt sie in Rom. Sie ist korrespondierendes Mitglied der «Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung» und Übersetzerin von Péter Nádas, Sándor Márai, Imre Kertész, Alain-Fournier und anderen.
Zwölf Jahre sind seit der Veröffentlichung des letzten Romans von Christina Viragh vergangen. In der Zwischenzeit wurde sie vielfach als Übersetzerin ausgezeichnet.
In ihrem aktuellen Roman EINE DIESER NÄCHTE greift Christina Viragh eine Erfahrung auf, die viele kennen: Auf einem nächtlichen Langstreckenflug ist das Mitteilungsbedürfnis des unbekannten Nebenmannes gross, in diesem Fall trifft es Emma. Neben ihr sitzt Bill, klischeebehafteter US-Amerikaner, der seine Lebensgeschichte ausbreitet, getrieben vom reichlich konsumierten Whiskey. Und er erzählt gut. So gut, dass die Umsitzenden selbst anfangen, ihre Leben zu beleuchten. Es tun sich Abgründe und Zusammenhänge auf, und einige werden nicht unbeschadet aus dieser Nacht herauskommen, denn wie Rainer Moritz in der NZZ zusammenfasst: «[...] um, wie Bill betont, ein «belangloses Flugzeuggeplauder» geht es hier beileibe nicht, vielmehr um ein um Existenzielles kreisendes Konzert von Stimmen, in einer schwankenden Boeing 777, die die Unsicherheit der Existenz körperlich spürbar macht.»
In Leukerbad wird Christina Viragh aus ihrem jüngsten Roman lesen und zusammen mit PÉTER NÁDAS und ILMA RAKUSA über die Romane von Péter Nádas sprechen.
EINE DIESER NÄCHTE. Dörlemann 2018
IM APRIL. Ammann 2006
PILATUS. Ammann 2003
Karin Wieland
Karin Wieland wurde 1958 geboren, studierte Politische Wissenschaften mit Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte und lebt heute in Berlin.
In ihrem neuen Buch DAS GESCHLECHT DER SEELE zeigt uns Karin Wieland eine überraschende Verbindung zwischen Theater- und Frauengeschichte des frühen 20. Jahrhunderts. Individualität statt traditionelle Rollenbilder – mit Brecht und Hofmannsthal hatte die moderne Frau ihre ersten Auftritte.
Karin Wieland vergleicht die «Erscheinung der modernen Frau», an deren Bild beide Dichter gearbeitet haben. Die Zentren ihres Buches also sind nicht die beiden Dichter, sondern zwei Frauen: die Schauspielerinnen Gertrud Eysoldt und Carola Neher.
Wenn Gertrud Eysoldt, gebückt und mit offenen Haaren, die Szene betrat, verkörperte sie das ganze Elend der Elektra. Hugo von Hofmannsthal hatte ihr die Rolle auf den Leib geschrieben. Er nannte Schauspielerinnen die «Interpreten des neuen seelischen Verhaltens». 20 Jahre später zeigt Bert Brecht mit Helene Weigel und Carola Neher die kalte Frau, die auch in der Liebe an die Nützlichkeit denkt. Neher und Weigel sind Brechts Instrumente einer Kunst, die im 20. Jahrhundert auch Politik ist: Auch von diesem Bündnis handelt Karin Wielands neues Buch.
Sie selbst sagt: «Der Vergleich [von Hofmannsthal und Brecht] zeigt, was für eine Revolution der Gefühle in den ersten dreissig Jahren des letzten Jahrhunderts stattgefunden hat. Darüber sind wir noch lange nicht hinaus.»
DAS GESCHLECHT DER SEELE. HUGO VON HOFMANNSTHAL, BERT BRECHT UND DIE ERSCHEINUNG DER MODERNEN FRAU. Hanser 2017
DIE GELIEBTE DES DUCE. Das Leben der Margherita Sarfatti und die Erfindung des Faschismus. Hanser 2004
Fanny Wobmann
Fanny Wobmann, geboren 1984 in La Chaux-de-Fonds, studierte Soziologie an der Universität Neuchâtel. Sie ist Gründungsmitglied des Autorenkollektivs «Ajar» und der Theaterkompanie «Princesse Léopold», für die sie schreibt, spielt und Regie führt. AM MEER DIESES LICHT (französischer Originaltitel: NUES DANS UN VERRE D’EAU) ist ihr zweiter Roman.
Darin sitzt die Protagonistin Laura am Bett ihrer Grossmutter. Beide bereiten sich auf den Tod der Grossmutter vor und sprechen über das Leben – das gelebte und das noch zu lebende. Die beiden Frauen öffnen sich in dieser Zeit zwischen dem Leben und dem Tod und stellen die wesentlichen Fragen.
«Kein Wort ist zu viel in diesem grossartigen Roman mit seiner schlichten Leichtigkeit und seiner poetischen Klarheit», urteilte die Jury des Terra-Nova-Preises der Schillerstiftung, den Fanny Wobmann für AM MEER DIESES LICHT 2017 erhielt.
Fanny Wobmann wird ihren Roman AM MEER DIESES LICHT in Leukerbad zusammen mit ihrer Übersetzerin Lis Künzli vorstellen.
LIS KÜNZLI, geboren 1958 in Willisau, studierte Germanistik und Philosophie in Berlin und lebt heute in Berlin und Toulouse. Die preisgekrönte Übersetzerin hat vor allem zeitgenössische Belletristik vom Französischen ins Deutsche übertragen, darunter Amin Maalouf, Emmanuel Carrère und Atiq Rahimi. Besonders gelobt werden ihre bemerkenswerte Genauigkeit und ihr Sinn für sprachliche Nuancen sowie ihre Freude an schönen Formulierungen.
In Zusammenarbeit mit dem CTL – Centre de Traduction Littéraire Université de Lausanne.
AM MEER DIESES LICHT. Roman. Aus dem Französischen von Lis Künzli. Limmatverlag 2018
Veröffentlichung auf Französisch:
LA POUSSIÈRE QU’ILS SOULÈVENT. Roman. Éditions de L’Hèbe 2013
Jutta Person
Jutta Person ist Journalistin und Kulturwissenschaftlerin. Sie wurde 1971 in Südbaden geboren und lebt in Berlin.
Sie schreibt für die «Süddeutsche Zeitung», für «Literaturen», «Die Zeit» und das «Philosophie Magazin». Von 2004 bis 2007 war sie Redakteurin bei «Literaturen», seit Oktober 2011 betreut sie das Ressort Bücher beim «Philosophie Magazin». 2012 war sie Mitglied in der Jury des Deutschen Buchpreises.
Jutta Person hat ein elegantes, schmales Essay zum Tier Esel geschrieben, als fünfter Titel der von Judith Schalansky herausgegebenen Reihe der «Naturkunden», einschliesslich einer kleinen Porträtgalerie von Eselarten. Die Kulturwissenschaftlerin Jutta Person hat sich tief eingegraben in die Literatur, bevor sie dieses wunderbare Porträt schrieb. Erstaunliches hat sie zutage gefördert, das so noch niemals zuvor so zusammenhängend in deutscher Sprache gelesen werden konnte.
In Leukerbad wird Jutta Person zusammen mit CORD RIECHELMANN und der Herausgeberin JUDITH SCHALANSKY die Naturkunden-Reihe von Matthes & Seitz vorstellen.
ESEL: EIN PORTRÄT. Herausgegeben von Judith Schalansky. Matthes & Seitz 2013
Armin Senser
Armin Senser wurde 1964 in Biel geboren und studierte Philosophie, Germanistik und Linguistik an der Universität Bern. Er lebt seit 1998 als Schriftsteller in Berlin. Neben seiner Arbeit als Lyriker ist Armin Senser auch als Übersetzer, Dramatiker und Essayist tätig.
Armin Senser buchstabiert in seinem letzten Gedichtband LIEBESLEBEN die Liebe und das Leben und versucht Ordnung zu bringen in eine Welt, die jede Ordnung verloren hat.
Mit SENSUS legt Armin Senser eine eindrückliche Chronik einer langsamen Rückkehr ins Leben vor. Das Ganze spielt zwischen Berlin, dem Lebensmittelpunkt, und Biel, dem Ort der Kindheit. Sinnlich nahe, aber auch reflektierend sachlich werden Alltag, Erinnerungen und Ereignisse nach möglichen Haltepunkten befragt. Sensers Sprache vereint gebundene Rede souverän mit einem saloppen Umgangston, sie schlägt uns in Bann und hält Distanz.
SENSUS erzählt aber vor allem auch vom Versuch, dem Leben, den anderen und sich selbst gegenüber gerecht zu werden, und vom fortwährenden Scheitern an diesem Anspruch. Einem Scheitern, das Teil und Angelpunkt des Lebens ist: «Du bist, also versagst du. Das ist menschlich.»
SENSUS. CHRONIK DES SCHEITERNS. Edition Korrespondenzen 2016
LIEBESLEBEN. Gedichte. Hanser Verlag 2015
SHAKESPEARE. Roman in Versen. Hanser 2011
Xiaolu Guo
Xiaolu Guo, 1973 im Süden Chinas geboren, wurde als 20-Jährige an der Pekinger Filmakademie aufgenommen. Später studierte sie an der National Film and TV School in London, wo sie seit 2002 lebt und arbeitet. Zunächst machte sich Xiaolu Guo mit ihren Kurz- und Dokumentarfilmen einen Namen: Mit ihrem achten Film, SHE, A CHINESE gewann sie 2009 den Goldenen Leoparden beim Filmfestival von Locarno.
Sie ist eine der interessantesten Stimmen der chinesischen Autorenszene: Seit Jahren beobachtet sie aus London den wirtschaftlichen und sozialen Wandel in China.
Xiaolu Guo hatte in China bereits sechs Bücher veröffentlicht, als sie nach London ausreiste, wo sie heute als international erfolgreiche Autorin und Filmemacherin lebt. ES WAR EINMAL IM FERNEN OSTEN erzählt von dem langen Weg, der Xiaolu Guo aus einem ärmlichen Fischernest am ostchinesischen Meer an die Filmhochschule im sich rasant verändernden Peking der 90er Jahre und schliesslich nach London führte. Sie beschreibt ihre Reise von Ost nach West mit einer Klarsicht, die nur jemand besitzt, der angekommen ist und sich zugleich fremd fühlt.
ES WAR EINMAL IM FERNEN OSTEN: EIN LEBEN ZWISCHEN WELTEN. Aus dem Englischen von Anne Rademacher. Knaus Verlag 2017
ICH BIN CHINA. Roman. Aus dem Englischen von Anne Rademacher. Knaus Verlag 2015